03.12.2010

Strg+Alt+Entf

Mir geht das alles viel zu schnell. Ich bin noch nicht bereit dafür. Zuerst wartet man ein Jahr, bis man dahin darf. Dann dauert eine Woche gefühlte 25 Jahre, bis man ankommt. Dann ziehen sich die ersten beiden Monate wie weitere 25 Jahre (mein Gott, bin ich alt geworden), dann überschlägt sich alles und die letzte Woche fliegt vorbei wie ein T -65 X -Flügler in dem Luke Skywalker drinnen sitzt. Also: eindeutig viel zu schnell.
Eröffnet wird der Reigen mit der White T-Shirt Party, gefolgt vom Besuch am Christkindlmarkt.

Doch dann geht der Schrecken weiter:
Bevor alle wieder getrennte Wege gehen, machen wir uns noch einmal richtig schön zum Deppen bei einer gemeinsamen Karaoke Night. Die Playlist der Mitstreiter: Blink 182 "All the small things", Cranberries "Zombie", The Proclaimers "I'm gonna be", Spice Girls "Wannabe" und Marc Cohn "Walking in Memphis". Gesungen wird unter nicht wenig Alkoholeinfluß- immerhin kosten drei große CB Bier (mein Gott bin ich froh, wenn ich das Zeug nicht mehr trinken muss) nur 100 NOK- das sind etwa 12 Euro.



Ich werde nicht beschreiben, WIE wir gesungen haben. Ich werde beschreiben, wie die Toiletten ausgesehen haben. Viel interessanter. Stellt euch vor, ihr öffnet eine Türe und steht plötzlich auf einem Streifen Klopapier, der Geruch ist eine Mischung aus Erbrochenem, Urin und Durchfall, das Klo sieht genauso aus, wie es riecht. Die Klobrille liegt vor der Toilette am Boden. Wird bei der Sauerei auch völlig überbewertet, so eine Klobrille. Setzt sich ja sowieso niemand darauf.Die Wand ist vollgeschmiert mit ekelhaften Sprüchen, die für gewöhnlich nur halbstarke pubertierende Jungs hinschreiben. Das Waschbecken hat einen riesen Sprung. Aber wenigstens gibt es Seife. Das Klo sieht eigentlich genau gleich aus, wie jenes, in das Mark Renton im Film Trainspotting getaucht ist. Also schnell wieder raus zu den anderen und weitersingen!

Die kommenden Tage bestehen aus frieren, lernen, essen und noch mehr frieren. Unser Heizkörper sagt zum Abschied leise "Servus!" und lässt und sprichwörtlich in der Kälte stehen. Während es draußen täglich kälter wird (-7 - 10°C), lässt auch die Temperature in unserer Wohnung stetig nach. Meine Kleidung besteht aus: Unterwäsche, Unterleiberl, Strumpfhose, Longsleeve, Jeans, 2 Paar Socken, dicker Pulli und Schal. Soviel hab ich zuletzt als Vierjährige angehabt, wo auf einer Einladung zum Geburtstag draufstand "Bitte warm anziehen, wir bauen einen Schneemann!". Nach drei Mails an die Hausverwaltung kommt dann der nette Techniker und repariert unseren Heizkörper. Das ist ganz toll, denn es ist zwar noch immer kühl, aber nicht mehr kalt.
Immer öfter verabschieden sich StudienkollegInnen, immer mehr wird einem klar, dass der vier monatige Urlaub vorbei ist und jeder wieder eigene Wege geht. Weil niemand mit diesen Emotionen umgehen kann, betrinken wir uns. Und zwar das gesamte Wochenende. Das macht den Schmerz erträglicher (zumindest für mich, weil ich mit Kopfweh und Übelkeit beschäftigt sein werde).
Am Montag werden wir den Schlüssel umdrehen, unseren Rucksack nehmen und nach Oslo fahren. Und ich werde vermutlich heulen. Weil ich hier wirklich gute FreundInnen gefunden habe, die ich tatsächlich vermissen werde.

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